Analog 35mm; div. Digitalkameras
NINETIES ist eine zeitdokumentarische, gesellschaftliche und persönliche Reise durch das letzte Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende. Man stand 1990 vor einer schrecklichen Unübersichtlichkeit. Das neue Jahrzehnt versprach rein gar nichts und drohte ein unfassbares, unhandliches und schlecht erinnertes Jahrzehnt zu werden. Doch nach und nach wurde sichtbar, wie und wozu sich diese Jahre entblätterten, vervielfältigten und aufsplitterten. Nämlich so, dass nichts mehr zusammenpasste.
Die Nineties begannen gleich doppelt zu explodieren: Die unhandlichen EDV-Maschinen mutierten zu tragbaren Heimcomputern, man liess sich verkabeln - und via Internet entstand eine zweite Welt. 1990 sassen nur Elektro-Freaks vor dem Schirm, seit 1996 gabs die Internetkolumne im TA-Magazin und aufs Millenium Internet für alle. Die Chatlines ermöglichen globales Kennenlernen, gemeinsame Hobbies, heimliche Sehnsüchte, Mini-Verschwörungen - alles weltweit. Plötzlich stand man vor der super-euphorischen Möglichkeit, sich mit er ganzen Welt gleich doppelt auszutauschen: Im realen Leben und via Computer. War die zweite Hälfte der Neunziger vielleicht die euphorischste Zeit der Geschichte? Und an ihrem Ende lauerte die grösste Desillusionierung aller Zeiten? Die Antwort ist zu bejahen: Streetparade und Internet gleich Globalisierung.
Am 5. September 1992 hiess es: Raus aus den Kellern und rauf auf die Strassen. Es kam zum Startschuss der tanzenden Enthemmung Europas. Die erste Streetparade in Zürich erfand sich hörbar und sichtbar und Parties wurden zeitgleich auch in Basel unter diversen Rheinbrücken, am Hafen oder an Autobahnbaustellen improvisiert. In Berlin rollte die Loveparade und in London kam‘s zur Rückeroberung der Keller. Underground wie in den frühen Beatles-Zeiten. Gleichzeitig rollte die Arbeitslosigkeit an wie eine Dampfwalze. Und parallel dazu tickte die Zeit des klassischen Familienmodels ab.
In diesem Jahrzehnt hält auch ein Umbruch im fotografischen Schaffen Einzug. Durch die digitalen Techniken werden die Ästhetik, Handhabung und Umsetzung verändert, erweitert und deutlich schneller und bunter. Es wird produziert was das Zeug hält.
In diesem Jahrzehnt lebt Nicole Zachmann in Basel und London, und dokumentiert das Leben der Kunst- und Musikwelt weiter. Unzählige Color und S/W Aufnahmen in analogen und digitalen Techniken entstehen.
Text: Albert Kuhn (CH)